Nürnberger Zeitung: »Basteln, schreinern und Office-Kurse«

Der Mädchentreff vereint Bildung und Spaß

Ein Ort ausschließlich für Mädchen, der neben einem bunten Freizeitprogramm auch Orientierungsmöglichkeiten für die spätere Berufswahl bietet: Der »Mädchentreff e.V.« ist in seiner Form einzigartig in Nürnberg. Deshalb bekommt der Verein nun am 6. März den Frauenförderpreis verliehen. Nürnbergplus hat anlässlich dieses Ereignisses den Treff im Stadtteil St. Leonhard besucht.


Ein kleines, freistehendes Sandsteinhaus mit einem Garten mitten in St. Leonhard: Der Mädchentreff wirkt von außen wie eine Oase inmitten der hohen und eher tristen Häuser des Stadtteils im Süden Nürnbergs. Auch von innen macht der Treff einen sympathischen Eindruck. Bunte Wände, Tische und Regale mit Spielen und Büchern laden die Kinder zum Lernen, Experimentieren und Sichwohlfühlen ein.

Bereits seit 1985 gibt es den gemeinnützigen Verein. Anlass zur Gründung war der sechste Jugendbericht der Bundesregierung, der 1984 veröffentlicht wurde und zum ersten Mal die Lebenssituation von Mädchen und jungen Frauen in den Mittelpunkt gestellt hat. Darin wurden umfassende Benachteiligungen und das Ausmaß der Gewalt, denen Mädchen und junge Frauen ausgesetzt sind, sowie Defizite von Kindertagesstätten und Jugendtreffs publik gemacht. Mittlerweile erfreut sich der Treff großer Beliebtheit und kann sich vor Anfragen kaum noch retten.

Die Gründe für den Erfolg beruhen jedoch in vielen Fällen auf traurigen Fakten. »Es kommen immer mehr Kinder, weil die Armut im Stadtteil gestiegen ist. Viele kommen aus sozial schwachen Familien; oft auch aus Familien mit Migrationshintergrund, die wenig Geld zur Verfügung haben. Häufig sind die Eltern auch alkoholabhängig oder arbeitslos. Die Mädchen ziehen sich in solchen Fällen meist zurück und suchen das Problem bei sich. Hier können Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren herkommen, und wir kümmern uns um sie«, berichten die Pädagoginnen Sybille Fenzel und Bettina Gsödl.

Die Betreuungsangebote sind vielfältig: Dienstags, mittwochs und donnerstags kommen die Mädchen bereits nach der Schule. Nach einem gemeinsamen Mittagsimbiss geht es weiter mit der Hausaufgabenbetreuung. Nachmittags findet ein buntes Freizeitprogramm statt. Jeweils freitags können die Kinder mit den Sozialpädagoginnen einen Ausflug – zum Beispiel ins Schwimmbad oder ins Museum – machen.

Noch relativ neu im Programm sind die Öko- und PC-Werkstatt. Diese Freizeitbeschäftigungen werden durch die Aktion Mensch gefördert. Nur von Spaß allein kann aber hier nicht die Rede sein. Den Pädagoginnen ist wichtig, dass die Kinder etwas lernen und die Zeit im Treff mit Sinnvollem verbringen.

»Mit der Ökowerkstatt wollen wir den Mädchen sogenannte ›Männerberufe‹ näher bringen. Es waren zum Beispiel schon einmal eine Schreinerin und eine Schweißerin da, die den Mädchen ihr Berufsbild erklärt haben. Auf diese Weise wird das Spektrum erweitert. Das ist heutzutage sehr wichtig, denn der Mann ist oft nicht mehr allein der Ernährer der Familie«, erklären Gsödl und Fenzel und berichten stolz, dass »ihre« Mädels technische Vorgänge einwandfrei beherrschen.

Neben dem Berufsaspekt steht aber auch der Umweltschutz im Vordergrund. »Bei den Dingen, die wir selbst herstellen, verwenden wir hauptsächlich Recyclingmaterial. Die Kinder sollen lernen, dass man vieles wieder verwenden kann.«

Doch nicht nur beim Schreinern, sondern auch bei den PC-Kursen wird an die (berufliche) Zukunft der Mädchen gedacht: »Sie lernen hier spielerisch das Zehn-Finger-System und einige Office-Anwendungen«, berichtet Systemadministratorin Margit Kaufmann.

Aber auch wenn die Angebote ein voller Erfolg sind, ist sich das »Mädchentreff«-Team bewusst, dass die Zukunft der Öko- und PC-Werkstatt in keinster Weise finanziell gesichert ist. 2009 läuft die Förderung von Aktion Mensch aus. »Was danach passiert, ist noch offen«, erzählen die Pädagoginnen etwas traurig.

Kerstin Fellenzer