Nürnberger Zeitung: »Wird Zuschuss doch nicht gestrichen?«
Hoffnung für das Frauencafé
Ein kleiner Hoffnungsfunken glimmt noch für die Mitarbeiterinnen des Internationalen Frauencafés: Die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses haben gestern einem Antrag der Grünen-Fraktionschefin Brigitte Wellhöfer zugestimmt, die städtische Förderung aufrecht zu erhalten.
Demnach soll das Frauencafé – die Einrichtung bietet Flüchtlingsfrauen umfangreiche Hilfestellungen, die weit über den Kaffeeklatsch hinausgehen, den der Name suggeriert – zumindest solange weiter den städtischen Zuschuss erhalten, wie es auch aus Mitteln des Flüchtlingsfonds unterstützt wird.
Allerdings kam es gestern in der gemeinsamen Sitzung des JHA und des Sozialausschusses zu der kuriosen Situation, dass die Mitglieder des Sozialausschusses anders abstimmten und mehrheitlich Sozialreferent Reiner Prölß folgten, der in seiner Vorlage die Streichung des Zuschusses vorgesehen hatte. Der Hintergrund: Im JHA sitzen auch Vertreter von Verbänden, im Sozialausschuss nur Stadträte. Nun gehen also zwei unterschiedliche Empfehlungen an die Fraktionen, die in den Haushaltsverhandlungen im November dann über die Zukunft des kürzlich vom Ausländerbeirat mit dem Interkulturellen Preis geehrten Frauencafés entscheiden müssen. Diese angedachte Kürzung ist freilich nur ein Bestandteil eines weit größeren Pakets: Aufgrund der Vorgaben im Rahmen des Sparpakets muss das Sozialreferat bei den Zuschüssen 600 000 Euro einsparen. Gut die Hälfte soll der Stadtkasse zugute kommen, der Rest neu verteilt werden. Deswegen kamen alle 170 Zuschusspositionen auf den Prüfstand.
Für Diskussionen sorgte noch der Vorschlag von Prölß, dass vier Vereine, die Kinder betreuen (darunter der Mädchentreff), sich als Hort bzw. Krippe anmelden – dann bekämen sie hohe staatliche Zuschüsse, so dass die städtischen Hilfen wegfallen könnten. Weil bei den Vereinen noch große Verunsicherung herrscht, wurde dieser Punkt auf Vorschlag von SPD-Fraktionschef Gebhard Schönfelder vorerst aus dem Konzeptpapier von Prölß wieder herausgenommen, das ansonsten von den Räten (mit Ausnahme des Frauencafés) abgesegnet wurde.
Der Sozialreferent machte deutlich, dass Nürnberg trotz der anstehenden Kürzungen im Vergleich mit anderen Städten etwa in Sachen Jugendarbeit eine «Insel der Glückseligen» darstelle. Er erhielt Rückendeckung von Vertretern von Kreisjugendring und Arbeiterwohlfahrt, die die Einschnitte als unumgänglich charakterisierten.
Nürnberger Nachrichten: »Stadt kürzt Zuschüsse für freie Träger«
Sehr harte Einschnitte für einige Projekte: Internationalem Frauencafé droht das Aus
Der Jugendhilfe- und Sozialausschuss eine «Neustrukturierung und Konsolidierung" des Zuschusswesens beschlossen, die für einige Einrichtungen wie das Internationale Frauencafé das Aus bedeutet.
«Ich werde mich kurz fassen, weil heute einige Tagesordnungspunkte anstehen, die Zündstoff enthalten», kündigte Sozialreferent Reiner Prölß schon zum Anfang der Sitzung an - und sollte mit diesen Worten Recht behalten. Als er über die ambitionierten Sparmaßnahmen berichtete, auf die sich sein Referat, der Kämmerer und die Stadtspitze geeinigt haben, herrschte aber noch fraktionsübergreifend Einigkeit: Die geplanten Kostenreduzierungen von rund 1,3 Millionen, die auf Vorschlägen der Berater von Rödl & Partner (wir berichteten) basieren, seien moderat und unverzichtbar, lautete der Tenor.
Für erbitterte Diskussionen sorgten dagegen die Einschnitte im Bereich der freiwilligen Zuschüsse: Das Sozialreferat will rund 600 000 von bislang 9,3 Millionen Euro einsparen, mit denen es Einrichtungen und Angebote freier Träger unterstützt hat - von der Angehörigenberatung für Demenzkranke bis hin zur Zentralstelle für Strafentlassene. Zusammen mit einer bereits zuvor festgelegten einmaligen Kürzung von drei Prozent müssen alle Vereine und Organisationen rechnerisch 2010 auf neun Prozent ihrer Zuschüsse verzichten.
Weil dies vielen kleineren Trägern die Arbeit erschwert oder unmöglich gemacht hätte, fielen die Einschnitte bei den jeweiligen Empfängern unterschiedlich tief aus. Zuvor kamen alle 170 bezuschussten Angebote auf den Prüftstand. Dabei wurde laut Sozialreferent Prölß erstmals neben deren jeweiliger Qualität auch geprüft, ob die geförderten Maßnahmen beispielsweise alle unter kommunale Zuständigkeit fallen. Eine strenge Revision, der die Zuschüsse für das Freiwillige Soziale Jahr beim Internationalen Bund Franken oder für den Ring Politischer Jugend ebenso zum Opfer fielen wie das Internationale Frauencafé. Obwohl ein Antrag der Grünen, das Projekt fortzusetzen, eine knappe Mehrheit fand, dürfte es die Haushaltsberatungen nicht überleben.
Ebenfalls um ihr Überleben fürchten die Vereine Mädchentreff, das Internationale Frauen– und Mädchenzentrum, Degrin und das Mütterzentrum. Wie bereits berichtet, sieht der Sparentwurf auch hier empfindliche Einschnitte vor. Die Kürzungen sollen sie laut Prölß aber durch die Einrichtung von Horten und Krippen und den damit verbunden Fördergeldern ausgleichen können. Ob und wieweit dies tatsächlich möglich ist, so der nach langer Diskussion gefundene Kompromissbeschluss, soll in den kommenden Tagen noch mit den betroffenen Trägern besprochen werden.
Nürnberger Nachrichten: »Mädchen wehren sich«
Mehrere Projekte fürchten schleichende Schließung
Die Mitarbeiterinnen mehrerer Mädchen- und Ausländerprojekte schlagen vor der heutigen Sitzung des Jugendhilfe- und Sozialausschusses Alarm: Durch die geplanten Kürzungen sehen sie ihre Arbeit massiv gefährdet. Vor allem der Mädchentreff fürchtet eine »schleichende Schließung«.
Seit fast 25 Jahren ist das ehemalige Schulhaus in St. Leonhard eine offene Anlaufstelle für die Mädchen aus dem Stadtteil. 35 Sechs- bis 13-Jährige treffen sich hier täglich zum Mittagsimbiss, machen unter Anleitung Hausaufgaben oder spielen mit ihren Freundinnen. Vor allem aber üben sie sich im Umgang mit Lötkolben und Schweißgerät, nehmen PCs auseinander oder bauen Solarobjekte, um möglichst früh die unterschiedlichsten Berufsfelder kennenzulernen. Auf diese Weise wollen die Mitarbeiterinnen die Chancen der Heranwachsenden verbessern.
»Mädchen schränken sich bei der Berufswahl noch immer viel zu sehr ein«, sagt Annette Pilotek vom Leitungsteam. Doch dieses Konzept ist aus Sicht des Vereins jetzt in Gefahr. Der Grund: Die Einrichtung soll zumindest teilweise in einen »Hort plus« umgewandelt werden und damit Fördergelder des Freistaats erhalten. Die Stadt würde auf diese Weise 37 500 Euro sparen. Doch Pilotek bezweifelt, dass der Verein seine Arbeit dann fortsetzen könnte. Noch sei nicht einmal geklärt, ob ein reiner Mädchenhort überhaupt zulässig ist, sagt die Sozialpädagogin, die nur zufällig erfuhr, dass die Umwandlung heute schon beschlossen werden soll. Sie fühlt sich von der Stadt »überfahren«. Außerdem ließen sich mit den staatlichen Zuschüssen nur Erzieherinnen bezahlen – beim Mädchentreff arbeiten ausschließlich (teurere) Sozialpädagoginnen. Überdies fürchtet Pilotek um das offene niedrigschwellige Angebot des Treffs, vor allem, wenn in den kommenden Jahren weitere Sparrunden drohen.
Ähnliches erlebt gerade der Verein Degrin, der schon seit 2007 eine Hortgruppe anbietet – und jetzt auf 25 000 Euro von der Stadt verzichten soll, wie Thi Ly Nguyen beklagt. Von weiteren Kürzungen sei zuvor nie die Rede gewesen, sagt die Sozialpädagogin. Degrin bietet unter anderem Hausaufgabenhilfe, offene Gruppen und Deutschkurse für Erwachsene an und sei »viel mehr als ein Hort«, so Nguyen. »Die angedrohte Kürzung gefährdet unsere Arbeit existenziell.« Ähnlich sieht es Özlem Öz vom Internationalen Frauen- und Mädchenzentrum in Gostenhof, das ebenfalls zur Hort-Plus-Einrichtung werden soll. Bei einer Umwandlung in einen Hort »bleiben alle ab der fünften Klasse auf der Strecke«, klagt Öz.
Sozialreferent Reiner Prölß weist die Kritik zurück. Er sei zuversichtlich, dass die Mädcheneinrichtungen auch reine Mädchenhorte betreiben und damit ihre Arbeit fortsetzen könnten, sagt Prölß. »Dieser Schwerpunkt soll auf jeden Fall gesichert sein.« Das Hort-plus-Konzept sei ein Weg, Landesmittel zu akquirieren und gleichzeitig die städtischen Sparvorgaben zu erfüllen. »Die eigentliche Arbeit soll fortgeführt werden.«